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Gut Gesattelt

Diesen Mann wirft so schnell nichts aus dem Sattel, vor allem nicht beim Polo: Thomas Winter ist der einzige Deutsche, der jemals das Handicap +5 erreicht hat. Er spielt nicht nur erfolgreich in Europa, sondern auch bei internationalen Turnieren in Ländern wie Argentinien, Mexiko, USA oder Thailand. Auf vielfältige Weise engagiert er sich für den Polosport; insbesondere die Jugendarbeit ist ihm
hier ein Anliegen.

Das Gespräch führte Ruth Eberhardt, Fotos von Iris Winter.

Herr Winter, Sie sind der beste deutsche Polospieler. Es heisst sogar, sie seien der einzige deutsche Polospieler, der international konkurrenzfähig ist. Welche Voraussetzungen und Eigenschaften braucht man, um auch nur annähernd so weit zu kommen?
Ganz wichtig ist, früh anzufangen und viel zu reiten – in allen Situationen, mit verschiedenen Pferden. Es geht darum, viel Grundlagenwissen und Erfahrung im Umgang mit Pferden zu sammeln. Ein bisschen Talent in Ballsportarten wäre auch gut. Und man sollte in der Lage sein, einen Überblick über das Spielfeld zu behalten.

Bei Ihnen kommt sicherlich noch mehr hinzu. Was hat Ihnen persönlich zu Ihrem erfolgreichen Weg verholfen?
Ich hatte das grosse Glück, dass meine Mutter Reitlehrerin war. Sie hat mir das Reiten schon im Alter von drei Jahren beigebracht. Als fünfjähriger Junge kam ich erstmals mit dem Polo in Berührung. Damals stieg mein Vater, der vorher Springreiter war, auf Polo um. Mit ihm war ich beim Training und bei Spielen mit dabei. Ich selbst habe mit acht Jahren angefangen, Polo zu spielen. Erst ab diesem Alter ist man überhaupt körperlich in der Lage, gleichzeitig zu reiten und mit dem Schläger umzugehen.

Damals war Ihre Familie noch in Afrika. Wie ging’s weiter?
Als ich zehn war, zogen wir nach Deutschland. Mein Vater entdeckte, dass es in Hamburg einen Poloclub gibt. Mit 16 durfte ich das erste Turnier spielen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Im Kaffeeunternehmer, Pferde- und Polofan Albert Darboven fand ich meinen Ziehvater im Polosport. Ich hatte das grosse Glück, für und mit ihm zu trainieren. Dadurch standen mir auch sehr gute Pferde zur Verfügung. Damit begann für mich der Durchbruch. Ein Höhepunkt war 1994, als ich mit meinem Team – Gerd Hölter sowie Sven und Jürgen Schneider – den Vize-Europameister-Titel gewann. Auch an den Qualifikationsspielen für die Weltmeisterschaft hatten wir teilgenommen.

Das ist lange her …
Ja. Von 2001 bis 2016 spielte ich mit dem höchsten Handicap, das jemals ein Deutscher hatte: mit Handicap +5. Das bedeutete aber, dass ich an Europameisterschaften nicht mehr teilnehmen durfte. 2016 wurde ich wieder auf +4 zurückgestuft. Ich spiele fast überall auf der Welt, lediglich im Bereich Australien und Neuseeland war ich bisher noch nicht.

Ihr Leben und Ihre Familiengeschichte wirken sehr weltläufig. Wo fühlen Sie sich zu zuhause – in der Welt oder in Hamburg?
Hamburg ist mein primäres Zuhause. Inzwischen bin ich aber auch in Argentinien daheim. Ich fahre zwei- bis dreimal im Jahr in dieses wunderschöne Land. Es ist der Mittelpunkt des Polosports. Die weltbesten Spieler und die weltbesten Zuchtpferde sind in Argentinien anzutreffen.

Zur Person:
Thomas Winter ist 1968 in Dar-es-Salaam in Tansania geboren und hat dort bis 1977 mit seiner Familie gelebt: mit seiner dänischen Mutter Lena, seinem deutschen Vater Klaus und seinen beiden jüngeren Brüdern Oliver „Nolly“ und Christopher „Niffy“ Winter. Nach seinem Abitur in Hamburg absolvierte Thomas Winter eine Lehre zum Energieanlagenelektroniker und anschliessend ein Studium, das er als Diplomkaufmann abschloss. Wenige Jahre später übernahm der die Betriebsleitung des Hamburger Pologestüts, wo sich auch seine Poloschule befindet.
Thomas Winter hat seit 1989 bis heute zahlreiche deutsche Polomeisterschaften im Low, Medium und High Goal (höchste Spielklasse) sowie den Vize-Europameistertitel (1994) gewonnen. Ab 2001 (bis 2016) spielte er mit dem höchsten deutschen Handicap +5 auf internationalen Turnieren. 2001 führte er als Kapitän die deutsche Nationalmannschaft im Fahrradpolo an (5. Platz). 2002 erlangte er mit seinen Brüdern den Weltmeistertitel im Elefantenpolo.
In England erwarb Thomas Winter den höchsten Ausbilderstatus des Polosports, den HPA Qualified Coach Standard des englischen Poloverbands. Zusätzlich ist er als Schiedsrichter „Grade A“ qualifiziert und auch in dieser Funktion auf dem Poloplatz gefragt. Als Polo-Bundestrainer hat er 2016 die deutsche Nationalmannschaft auf die Europameisterschaft vorbereitet, bei der sie den 3. Platz errang. Zudem engagiert sich er sich für die Zucht von Polopferden. Sein Hauptaugenmerk liegt heute auf der Förderung der Jugendarbeit im deutschen Polosport.

Wenn Sie so erzählen, entsteht der Eindruck, dass Sie sich meistens auf dem Rücken eines Pferdes aufhalten?
Da ist etwas Wahres dran. Wenn ich reite, kommen am Tag schnell vier bis fünf Stunden zusammen. Aufs ganze Jahr umgerechnet, sind das im Durchschnitt zwei bis drei Stunden täglich. Als Ausgleichssport im Winter spiele ich Eishockey.

Was fasziniert Sie so sehr am Polo?
Eine der grössten Herausforderungen im Polo besteht darin, eine Einheit zwischen Mensch und Pferd herzustellen – ohne physische Einwirkung. Das Pferd ist sozusagen die Verlängerung meiner Beine. Darüber hinaus ist dieser Sport sehr vielseitig: Er fordert Geschicklichkeit und Schnelligkeit. Er ist zugleich Ball-, Mannschafts-, Pferde- und Outdoor-Sport. Das findet man nirgendwo anders.

www.poloschule.de

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